Arbeitsgerichtsbarkeit

Arbeitsgerichtsbarkeit
Zweig der Gerichtsbarkeit, dem die Rechtsstreitigkeiten aus dem  Arbeitsrecht (die Arbeitssachen) aufgrund des Arbeitsgerichtsgesetzes (ArbGG) i.d.F. vom 2.7.1979 (BGBl I 853) m.spät.Änd. zugewiesen sind.
I. Aufbau:Die A. wird durch die  Arbeitsgerichte,  Landesarbeitsgerichte und das  Bundesarbeitsgericht (BAG) ausgeübt (§ 1 ArbGG). Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte sind Gerichte der Länder; das Bundesarbeitsgericht ist ein oberster Gerichtshof des Bundes (Art. 95 I GG). Die Gerichte für Arbeitssachen entscheiden in allen drei Instanzen durch kollegiale Spruchkörper, die mit Berufsrichtern und ehrenamtlichen Richtern ( Richter) aus den Kreisen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer besetzt sind (§ 6 ArbGG).
II. Sachliche Zuständigkeit der Arbeitsgerichte:1. Gemäß § 2 I ArbGG sind die Arbeitsgerichte ausschließlich zuständig ohne Rücksicht auf den Streitwert v.a. in folgenden Fällen: (1) Für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen Tarifvertragsparteien oder zwischen diesen und Dritten aus  Tarifverträgen; (2) für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen tariffähigen Parteien ( Tariffähigkeit) aus unerlaubten Handlungen, soweit es sich um Maßnahmen zum Zwecke des  Arbeitskampfes oder um Fragen der Vereinigungsfreiheit ( Koalitionsfreiheit) einschließlich des hiermit im Zusammenhang stehenden Betätigungsrechts der Vereinigungen handelt; (3) für bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen Arbeitnehmern und -gebern aus dem  Arbeitsverhältnis einschließlich der Frage des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses und aus unerlaubten Handlungen, soweit diese mit dem Arbeitsverhältnis im Zusammenhang stehen; (4) für betriebsverfassungsrechtliche Streitigkeiten, Angelegenheiten aus dem MitbestG, soweit es um die Wahl von Vertretern der Arbeitnehmer in den Aufsichtsrat geht, Streitigkeiten über die  Tariffähigkeit (§ 2a ArbGG).
- Die Verfahren (1) und (2) werden im  Beschlussverfahren entschieden.
- 2. Die ausschließliche Zuständigkeit erstreckt sich auch auf den Rechtsnachfolger (§ 3 ArbGG), z.B. den Erben. Bürgerlich-rechtliche Streitigkeiten zwischen juristischen Personen des Privatrechts und ihren Vertretern (z.B. Klage einer AG gegen eines ihrer Vorstandsmitglieder) können vor die Arbeitsgerichte gebracht werden, wenn die Parteien dies zuvor vereinbart haben (§ 2 IV ArbGG).
- 3. Abgrenzung gegenüber dem Zuständigkeitsbereich anderer Gerichte: Die Gerichte der A. entscheiden über die Zulässigkeit des zu ihnen beschrittenen Rechtswegs und können in den anderen Rechtsweg verweisen (§ 48 ArbGG, § 17a GVG).
III. Postulationsfähigkeit und Prozessvertretung:1. Vor dem Arbeitsgericht können die Parteien den Prozess selbst führen. Die Parteien können sich aber auch vertreten lassen. Eine Vertretung durch Vertreter von  Gewerkschaften oder von Arbeitgebervereinigungen ( Berufsverbände) ist zulässig, wenn diese Personen kraft Satzung oder Vollmacht zur Vertretung befugt sind und für den Verband oder deren Mitglied auftreten (§ 11 I ArbGG).
- 2. Vor dem Landesarbeitsgericht müssen die Parteien von einem Verbandsvertreter oder einem Rechtsanwalt vertreten werden; beim Bundesarbeitsgericht besteht  Anwaltszwang (§ 11 II ArbGG).
IV. Besonderheiten im Urteilsverfahren:1. Die Gerichtsgebühren sind niedriger als in der Zivilgerichtsbarkeit (§ 12 I–III ArbGG). In 1. Instanz besteht kein Anspruch der obsiegenden Partei auf Erstattung der Kosten für einen Prozessvertreter (§ 12a I 1 ArbGG).
- 2. In 1. Instanz ist eine Güteverhandlung vorgesehen (§ 54 I ArbGG).
- 3. Nach § 9 I 1 ist das Verfahren in allen Instanzen zu beschleunigen (keine Gerichtsferien, manche Fristen sind verkürzt).
- 4. Urteile der Arbeitsgerichte und Landesarbeitsgerichte sind auch ohne besonderen Ausspruch vorläufig vollstreckbar (§§ 62 I, 64 VII ArbGG).
- 5. Rechtsmittel: a) Gegen Urteile der Arbeitsgerichte ist nach § 64 ArbGG die Berufung an das LAG statthaft: Wenn sie in dem Urteil des Arbeitsgerichts zugelassen worden ist, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 600 Euro übersteigt oder in Streitigkeiten über das Bestehen oder die Kündigung von Arbeitsverhältnissen.
- b) Gegen Urteile der Landesarbeitsgerichte ist die Revision, über die das Bundesarbeitsgericht entscheidet, zulässig, wenn das Landesarbeitsgericht die Revision aus einem der in § 72 II ArbGG aufgeführten Gründe zugelassen hat oder das Bundesarbeitsgericht die Revision auf eine Nichtzulassungsbeschwerde hin durch Beschluss nach § 72a V ArbGG zugelassen hat (§ 72 I ArbGG).
V. Beschlussverfahren:Dient v.a. der Entscheidung betriebsverfassungsrechtlicher Streitigkeiten (§§ 80 ff. BetrVG). Verfahrensrechtliche Besonderheiten vgl.  Beschlussverfahren.

Lexikon der Economics. 2013.

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